Komplexes Beispiel

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Teilschüttungen: komplexes Beispiel


Die Zielmenge, die Zielkonzentration und die Sudhausausbeute für unser Beispiel:


Daraus ergibt sich die Schüttung und der Extraktbedarf wie folgt:



Welche Rohstoffe in welchen Mengen zum Einsatz gelangen, ist im Bereich Teilschüttungen folgendermaßen festgelegt:(Blenden Sie bitte beim Blick auf das Zahlenwerk Ihre Technologiegedanken aus - es geht um die Funktionsweise der Anwendung und nicht darum ein tolles Bier zu brauen oder um Konformitäten entlang der aktuellen Rechtslage)


Die Variante 1 des Beispiels:

Am Besten nehmen Sie sich einen kurzen Moment Zeit und lassen diese Ansicht ein wenig auf sich wirken ...


Ich fasse kurz zusammen:


Die Details - Teilschüttung No.6. Besonderheit: Der Einsatz von Malzextrakt

Es ist nicht ungewöhnlich, dass in diesem Bereich Teile des Rohstoffbedarfs oder gar der gesamte Rohstoffeinsatz, z.B. bei der Verwendung von Brau-Kits, durch Malzextrakt ersetzt wird. In der Hausbrauer-Szene wird entlang dieser Tatsache gerne zwischen "Maische-Brauer" und "Nicht-Maische-Brauer" bzw. "Extraktbrauer" unterschieden. Vom Hersteller des Malzextraktes bekommt man meist eine Anleitung zur Verwendung - zumindest aber eine Farb- und eine Extraktinformation. Im obigen Beispiel ist das "Malzextrakt Pils hell ungehopft 80%".

In der Teilschüttung No.6 werden 10% des Extraktbedarfs durch den Einsatz von Malzextrakt gedeckt. Die Aussage "...Pils hell..." wird mit einem Farbwert von 3 EBC interpretiert und die angegebene Extraktkonzentration von 80% in die Spalte "Extr.lftr." eingetragen. Jetzt fehlt noch eine Kleinigkeit:

Die Verwendung von Malzextrakt hat den Vorteil, dass er i.d.R. nur noch mit Hopfen gekocht werden muss und damit alle vorgelagerten Prozessschritte entfallen können. Sieht man von kleineren Verlusten im Kühlhaus ab(Whirlpool, Flotationstank,...), trifft die Aussage zu, dass 100% der enthaltenen Extraktmenge verlustfrei in Lösung gebracht werden kann. Um dem Rechnung zu tragen, muss man dem Programm mitteilen, dass die einzusetzende Rohstoffmenge ohne die Berücksichtigung von Verlusten zu berechnen ist. Dazu setzt man die Angabe Extr.lftr.% gleich der Angabe Ausbeute % (siehe Abschnitt Ändern der Ausbeute) - hier jeweils 80%. Wer den Abschnitt über den OBY gelesen hat weiß, dass das einen OBY von 100% ergeben muss - was Sie in der betreffenden Spalte auch ablesen können.


Der Spaltentitel Extr.lftr. mag im Zusammenhang mit einer Extraktkonzentrationsangabe für dickflüssigen Malzextrakt verwirrend erscheinen, da dieses "lufttrocken" nicht ins Bild passt. Alle Angaben die sich in der Spalte Extr.lftr. befinden beschreiben ganz allgemein eine Extraktkonzentration in % - der Spaltentitel Extr.lftr. ist ein Kompromiss zwischen altbekanntem, einer allgemein gültigen Konzentrationsangabe und der Häufigkeit des Vorkommens wie eine Konzentrationsangabe in diesem Bereich allgemein üblich gemacht wird.



Die Details - Teilschüttung No.5. Besonderheit: Der Einsatz von Röstmalzbier

Ziel bei der Gabe von Röstmalzbier ist die Erhöhung der Farbe - der Extraktgehalt spielt eine untergeordnete Rolle, genau so wie der Zeitpunkt der Gabe. Fakt ist: die Angabe gehört in die Rezeptur.  Im Programm haben Sie zwei Möglichkeiten eine Röstmalzbiergabe zu dokumentieren:



Die zweite Variante im Bereich sonstige Zusätze ist die einfachere. Es genügt die Angabe einer Menge zugeordnet zu einem Zeitpunkt bzw. Prozess:


Die erste Variante, die in diesem Bereich Ihr Zuhause hat, ist ein wenig aufwendiger zu erfassen. Der Grund ist, dass Ihnen das Programm wenig Hilfe leisten kann was die Berechnung der Einsatzmengen betrifft. Vielmehr müssen Sie entlang der Herstellerangaben so lange an den Werten drehen, bis die Einsatzmenge zum Zielwert der Farbe passt - eine iterative Vorgehensweise bleibt Ihnen dabei nicht erspart.

Sehen Sie sich den Kommentar im Beispiel nochmals an:

[...]Um die Farbe um 1 EBC zur erhöhen werden je hl ~14gr benötigt, Farbe 8100-8600 EBC, Extr.wfr. 40-50%[...]


Das Ziel für dieses Beispiel ist, dass die Farbe genau um 1 EBC erhöht werden soll(ist einfach so festgelegt) und da die Zielmenge im Rezept 100 l(1 hl) beträgt, benötigen wir genau diese 14 g Röstmalzbier.

Ihnen kommt jetzt die Aufgabe zu so lange an den Einstellungen zu drehen, bis sich 14 g Röstmalzbier in der Spalte Malz/Rohstoff einstellen. Die Werte die ich gewählt habe finden Sie oben aber es gibt natürlich unzählige Varianten davon. Der Hersteller gibt zwar für die Farbe des Röstmalzbieres  8100-8600 EBC an, was mich aber nicht gehindert hat 800 EBC einzutragen. Warum ? Tragen Sie einmal in der Spalte % von Ges. den Wert 0,00 ein. Sie werden sehen, dass sich die Farbe von 10,3 EBC auf 9,2 EBC ändert - also ca. um 1 EBC nach unten korrigiert wird - damit passen die Werte zu den Herstellerangaben.


Anmerkung:

Tragen Sie einmal anstatt der 800 EBC einen Wert von 700 EBC ein - die Farbe wird sich von 10,3 EBC auf 10,2 EBC ändern und damit sind wir im Vergleich zu einer Null-Einsatzmenge bei einer EBC-Differenz von + 1,0 EBC - Punktlandung. Wenn Sie sich die Einstellungen für die EBC- und Extraktwerte merken oder noch besser, in einer Rezeptvorlage speichern, haben Sie in allen Folgerezepturen die dieses Röstmalzbierprodukt verwenden leichtes Spiel ;-)  


In der Konsequenz wird es immer so sein, dass Sie zunächst entlang der Herstellerangaben ermitteln müssen, wie viel Röstmalzbier sie benötigen:

g Röstmalzbier = (Ziel EBC - Ist EBC) x hl Würze(Fertigbier) x g [g Röstmalzbier/hl x 1 EBC]


Beispiel für 50l Würze die Sie von 10 EBC auf 14 EBC mit dem im Kommentar genannten Produkt erhöhen möchten:

( 14 EBC - 10 EBC ) x 0,5 hl Würze x 14 g [g/hl x EBC] = 4 EBC  x 0,5 hl x 14 [g/hl x 1 EBC ] =  28 g Röstmalzbier


Wie oben schon erwähnt können Sie sich das alles sparen, wenn Sie die zweite Variante wählen. Erfassen Sie eine Einsatzmenge im Bereich sonstige Zusätze und kommentieren Sie z.B. im Bereich Rezeptkopf Ihr Vorhaben und Ihre Zielwerte: [...] Farbe +4 EBC durch 28g Röstmalzbier [...]

... dies hier ist dann doch eher etwas für den Tüftler, Spieler und "Farbliebhaber" und lesen Sie bei dieser Gelegenheit bitte nochmals den Abschnitt über die Berechnung der Bierfarbe.




Die Variante 2 des Beispiels:

Am Besten nehmen Sie sich einen kurzen Moment Zeit und lassen diese Ansicht ein wenig auf sich wirken ... jetzt gehts' ans Eingemachte ;-)


Bevor ich mit den Erläuterungen beginne, kurz etwas zur Definition von Prozessbier:

Unter Prozessbier verstehe ich eine vergorene oder zumindest angegorene Flüssigkeit, die im Rahmen einer Bieranalyse einen messbaren Stammwürzeanteil aufweist. Solche Prozessbiere können z.B. aus Vor- und Nachläufen, aber auch aus Anteilen von Glattwässern, Hefepreßbier oder Heißtrub bestehen.  Wie sich ein Prozessbier im Detail zusammensetzt ist im Beispiel irrelevant - einzig wichtig ist, dass die Extraktfracht nicht mehr alleinig in einer rein "Gewichtsprozentigen" Lösung vorliegt, sondern Teile davon bereits vergoren sind und der ursprüngliche Extraktgehalt nur mittels Ballingformel rechnerisch ermittelt werden kann.  


Wer sich zum Thema Prozessbier noch ein wenig know how anlesen möchte, dem sei die Dissertation von Mark Schneeberger empfohlen: Verwertung von Prozessbieren in der Brauerei

Die im Abschnitt 5.4 formulierten Inhalte sind für die hier diskutierten Themen besonders interessant.

(Quelle: Schneeberger, Max, Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.). Dissertation: Verwertung von Prozessbieren in der Brauerei)



Ich fasse kurz zusammen, was ich in Variante 2 gegenüber der Variante 1 im Beispiels geändert habe:




Bevor ich fortfahre und das Zahlenwerk erkläre zwei Dinge vorweg:


So weit so gut.

Betrachten wir die Einzelergebnisse für die Zeilen Summen und gewichtete Werte und Werte aus der Schüttungsberechnung:

1. Betrachten Sie bitte zunächst dieses Zahlenpaar am unteren Ende der Spalte Extrakt:

Das obere Ergebnis(grün) zeigt aufsummiert die über die Teilschüttungen eingebrachte Extraktfracht - das untere Ergebnis(gelb) zeigt den klassisch errechneten Extraktbedarf für die geforderte Zielmenge und die geforderte Zielkonzentration in der Kaltwürze(Werte aus der Schüttungsberechnung): 12 %mas * 1,04646 * 100 l = 12.557,43 g Extrakt... genau so wie wir das aus der Berechnung der Sudhausausbeute(im Zähler) kennen.

Schöner kann eine Bilanz nicht aussehen und man darf festhalten: der in den Teilschüttungen formulierte Rohstoffeinsatz ist sachlich und fachlich richtig und führt zwangsläufig in der festgelegten Zielmenge(100 l) zur gewünschten Zielkonzentration(12 %mas).


2. Betrachten Sie nun die Ergebnisspalten  am unteren Ende der Spalte Ausbeute %:

Das obere Ergebnis(grün) zeigt den gewichteten Mittelwert der Sudhausausbeute der sich aus den Angaben zu den Teilschüttungen ergibt - das untere Ergebnis zeigt die Sudhausausbeute die im Bereich Schüttung und Gußführung angegeben wurde. Offensichtlich ein Rechenfehler ... oder auch nicht. Dennoch, zwischen 75,0 % und 19,4 % Ausbeute liegen Welten. Nehmen wir zur Kontrolle die Formel für die Sudhausausbeute her -  der Extrakteinsatz kommt in den Zähler, der Rohstoffeinsatz in den Nenner:

12557,43 / 64676,42 x 100 = 19,4 % Ausbeute

Hier stößt die Berechnung der klassischen Heißwürzeausbeute an seine Grenzen bzw. das Ergebnis der Berechnung lässt keinen brauchbaren Schluss mehr auf die tatsächliche Qualität der Extraktgewinnung und damit der Sudhausarbeit zu. Verursacht durch den Einsatz des Prozessbieres in den Teilschüttungen, dessen nutzbare Extraktkonzentration vor allem in der Variante No.7 sehr gering ist, gerät der Ansatz eine gewonnene Extraktmenge mit einer eingesetzten Rohstoffmenge ins Verhältnis zu setzen ins trudeln.  


3. Betrachten Sie nun den gewichteten Mittelwert für den Extr.lftr.%

Ganz links sehen Sie den  gewichteten Mittelwert für den Extr.lftr. % , in der Mitte den gewichteten Mittelwert der Sudhausausbeute(Ausbeute %) und rechts den OBY %. Der Wert 19,8 % erscheint sehr gering - die Gründe sind in der gleichen Ecke zu suchen wie oben für die Ausbeute % beschrieben. Aber rechnen wir nach:

Die Formel für die Berechnung des OBY sieht so aus: OBY % = Ausbeute % x 100 / Extr.lftr. %

Diese kann man leicht nach Extr.lftr. % umstellen: Extr.lftr. % =  100 / OBY % x Ausbeute %

Setzt man die Werte ein, erhält man für den Extr.lftr. %:  19,73 = 100 / 98,3 x 19,4 (es sind nicht genau 19,8 - das sind Rundungsfehler bzw. das Programm rechnet wesentlich genauer mit den hier nicht angezeigten Nachkommastellen.)



Die Details - Teilschüttung No.7 und No.8. Besonderheit: Der Einsatz von Prozessbier

Weiter oben im Kapitel wurde bereits kurz erläutert, was unter Prozessbier zu verstehen ist. Beißen Sie sich nicht zu sehr daran fest, dass dieses Beispiel nur für Prozessbier gilt. Viel mehr steht es für eine mögliche Variante eines beliebigen Rohstoffs verschieden von Malz, der seine ganz eigenen Eigenschaften besitzt und auf die man bei der Erfassung entsprechend reagieren muss und auch reagieren kann. Trotzdem habe ich Prozessbier nicht unbedacht gewählt, denn in diesem Kontext ist noch ein weiterer Punkt von entscheidender Bedeutung: der Einsatzzeitpunkt. Hier nochmals der Blick auf die beiden Teilschüttungen:

Es handelt sich um ein und das selbe Prozessbier mit einer ermittelten Stammwürze von 8% - allein der Einsatzzeitpunkt ist verschieden.


In der Teilschüttungsvariante No.7 "Prozessbier P8 bei Kochbeginn" gehe ich davon aus, dass der gesamte Alkohol verdampft und damit auch nur noch eine messbare/rechnerische Extraktkonzentration von 1,5% (Schätzung für den nicht vergärbaren Restextrakt Ew%) angenommen und in Lösung gebracht werden kann.


In der  Teilschüttungsvariante No.8 "Prozessbier P8 vor Plattenkühler" gehe ich davon aus, dass das Bier zwar kurz erhitzt wird, aber weder Wasser noch Alkohol verdampft und damit die eingebrachte Extraktfracht im Rahmen einer Bieranalyse nachgewiesen und in Lösung gebracht werden kann(Ballingformel).


Für beide Varianten wurden jeweils identische Werte für Extr.lftr. % und für die Ausbeute % eingetragen(1,5% bzw. 8,0 %), was in beiden Varianten in einem OBY von 100% resultiert. Damit kommt zum Ausdruck, dass der gesamte messbare Extraktanteil verlustfrei in Lösung gebracht werden kann.  Wollten Sie z.B. noch Benetzungsverluste im Whirlpool für No.8 notieren, könnten Sie z.B. für den Extr.lftr.% 8,0 % und für die Ausbeute 7,9 % notieren. Damit würde sich der OBY auf einen Wert von 98,8 % verändern.  Bitte lesen Sie zum Thema OBY auch den Abschnitt zur Sudhausausbeute.


Für die Farbe wurde jeweils ein Wert von 0,1 EBC notiert, obwohl diese in der Realität vielleicht bei Werten zwischen 3 und 6 EBC liegt. Der Grund ist die Annahme, dass durch den Eintrag von (hellem)Prozessbier keine Farberhöhung, sondern eher eine Erniedrigung einher geht. Stichwort: Verdünnung. Ein andere Grund ist, dass die Angabe von höheren Werten zu irr witzigen Erhöhungen der berechneten Bierfarbe führt. Lesen Sie hier zu bitte den Abschnitt "Farbe der berechneten Felder - die Bierfarbe".


Sicher ist Ihnen aufgefallen, dass das Beispiel rund um die Einsatzmengen von je 5% Prozessbier von der Gesamtschüttung sehr konstruiert daher kommt. Die errechneten Einsatzmengen für Prozessbier von rund 41,9 kg und 7,8 kg sind zwar richtig, aber völlig aus der Welt. Schließlich geht es in diesem Beispiel darum 100 l Bier zu brauen und sind die berechneten Wassermengen für den Hauptguß und den Nachguß erst einmal eingebracht, bleibt kein Platz mehr für zusätzlich rund 49 l  Prozessbier die im Rahmen der Würzekochung zugegeben werden müssten - ausgenommen Sie möchten Ihren Sud rund 10 Stunden lang kochen. Andererseits kommen bei der Wahl solcher Zahlen Veränderungen transparent und deutlich zum Vorschein, die man vielleicht im Kleinen nicht entdeckt hätte. Insgesamt ist dieser Erfassungsbereich eine "Spielwiese" in dem sich jedweder Rohstoffeinsatz mit ein paar wenigen Klicks parametrieren lässt. Selbst ohne konkreten Rezepthintergrund lässt sich hier mit ein paar wenigen Eckdaten entlang des Rohstoffs und beinahe spielerisch ermitteln, wo Extraktrückgewinnung Sinn macht und wo die Energieverschwendung beginnt. Am Ende hat hier jede Innovation rund um die Würzegewinnung einen Platz ... spielen Sie :-)



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