RefraktometerBieranalyse

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Tool "Bieranalyse mit dem Brix-Refraktometer"


Viele ältere Semester kennen sie bestimmt noch - entweder aus den Praktika während des Studiums oder aus den beruflichen Anfängen im Brauereilabor - die refraktometrische  Bieranalyse.

Ausgestattet mit einem Eintauchrefraktometer(Carl Zeiss), welches den Brechungsindex anzeigt, einem auf 20°C temperiertem Wasserbad, einer Präzisionsspindel, einem Nomogramm oder gespeicherten Polynomen und ggf. einem Lineal hat man sich im Endprodukt, oder im Rahmen der Qualitätssicherung, auf die Suche nach Extrakt-, und ganz besonders, nach Alkoholgehalten gemacht. Erklärtes Ziel war am Ende die rückwirkende Ermittlung der Stammwürze.


Der Rechner hier begnügt sich allerdings mit einem (einfachen) Brix-Refraktometer(Skala z.B. 0 - 32 %Brix) und der Eingabe der abgelesen Brix-Werte vor und nach der Vergärung. Zusätzliche Messungen sind nicht nötig.


Datenerfassung

Die Erfassung der Daten ist denkbar einfach. Vor der Vergärung ermitteln sie den Brix-Wert in der kalten Würze(20°C) (= Stammwürze ausgedrückt in %Brix). Diesen Wert geben Sie bei jeder weiteren Messung in das oberste Eingabefeld "Vor der Vergärung (°P)  %Brix"(gelb markiert) ein. Der zweite Messwert den Sie erfassen ist der aktuelle Brix-Wert den Sie z.B. während oder am Ende der Gärung ermitteln. Er ist in das Eingabefeld "Nach der Vergärung (Es)  %Brix"(gelb markiert) einzutragen.  Damit ist der Fall erledigt und Sie können die Ergebnisse ablesen.

Um den ebenfalls veränderbaren "Korrekturfaktor Brix/Plato" von voreingestellt 1,03 müssen Sie sich nicht kümmern und Sie sollten ihn auch nur ändern, wenn Sie wissen was Sie tun. Gegenüber einer Bierspindel zeigt ein Brix-Refraktometer immer einen etwas erhöhten Wert an, der durch diesen Faktor wieder korrigiert wird. Siehe auch Kapitel Hintergrundinformationen.

Mit der Auswahl in der ComboBox "Formelauswahl"(gelb markiert) können Sie entscheiden, ob der Rechner mit der Terrill-Formel oder mit der Standardformel rechnen soll.

Lesen Sie hierzu bitte die Abschnitte Hintergrundinformationen und Richtigkeit und Präzision.


Sinn und Zweck des Rechners

Viele Hobby- und Freizeitbrauer haben ein berechtigtes Interesse daran über den reinen Spindelwert hinaus Eckdaten zum (End)Produkt in Erfahrung zu bringen. Hier sind vorzugsweise die Extraktwerte nebst Vergärungsgraden und natürlich der Alkoholgehalt von Interesse. Da ohnehin immer mehr Hobbybrauer die Spindel durch einen Brix-Refraktomter ablösen oder abgelöst haben(->schneller, kleinere Probemengen, hinreichend genau) entstand bald der Wunsch, das Refraktometer nicht nur bei der Würzebereitung und in der unvergorenen Würze verwenden zu können, sondern auch bei der Gärung im Beisein von Alkohol. Da das aus einer Vielzahl von Gründen nicht so ohne Weiteres möglich war und ist, haben sich eine Reihe von Leuten des Themas angenommen und Versuchsreihen aufgebaut und nach einer Lösung gesucht, die die Abweichungen zum wahren Wert rechnerisch ausgleicht. Die gefundene Rechenlogik ist in diesem Rechner implementiert(siehe Abschnitt Hintergrundinformation).

Damit ist der Rechner im Verbund mit einer kleinen Investition, kleinen Probemengen und wenig Aufwand der Weg zu einer für diese Zwecke hinreichend genauen Bieranalyse.



Hintergrundinformation

Wie sie wissen ist das Grad Plato die Einheit der Stammwürze und per Definition gilt: 1 °Plato  = 1 g Saccharose / 100 g wässriger Saccharoselösung. Wenn Sie sich die Definition von °Brix oder %Brix ansehen werden Sie feststellen, dass sie der von °Plato entspricht:  1 °Brix(%Brix)  = 1 g Saccharose / 100 g wässriger Saccharoselösung.

Damit gilt für reine Saccharoselösungen: 1 °Brix = 1 °Plato


Und das ist der Punkt - die Aussage gilt eben nur für reine Saccharoselösungen und da die Bierwürze oder das Bier alles andere ist als eine reine Saccharoselösung, kommt es je nach Messmethode(Bierspindel/Brix-Refraktometer) zu individuellen Abweichungen vom wahren Wert.

Die Bierspindel(Saccharometer) misst die Dichte(zeigt aber den Extraktgehalt an) die in der unvergorenen Würze vorzugsweise aus dem Extrakt und im Bier aus einer Mischung aus Alkohol- und Restextraktgehalt resultiert. Das Refraktometer dagegen beruht auf dem Prinzip, dass die Brechung eines Lichtstrahles beim Übertritt von einem optisch dünneren (Würze/Bier) Medium in ein optisch dichteres Medium (Prisma) eine Funktion von Konzentration (Alkohol/ Extrakt), Temperatur und Wellenlänge ist(->Brechungsindex in Brix).

Damit werden die Messergebnisse beider Messmethoden zwar durch ähnlich Größen beeinflusst, allerdings ist eine Veränderung der Dichte oder des Brechungsindex nicht zwangsläufig nur an Extrakt und Alkohol gebunden, sondern vielmehr an alle Inhaltsstoffe(und an die Verhältnisse zueinander)  und jede Messmethode reagiert entlang des Messprinzips mit ganz unterschiedlichen Messergebnissen darauf.

In der Konsequenz besteht in diesem Umfeld(Extrakt-/Alkoholgemisch) kein linearer Zusammenhang mehr zwischen einer Änderung der Dichte und einer Änderung des Brechungsindex(ausgedrückt in Brix), was in einer reinen Saccharoselösung gegeben wäre(1 °Brix = 1 °Plato).  

Eine (mathematische)Lösung dieses Problems muss also darauf zielen, diesen Zusammenhang wieder herzustellen und unter gewissen Voraussetzungen gelingt dies auch:



Gängig verwendet werden zwei unterschiedliche Funktionen, die als Ergebniswert zunächst die relative Dichte 20°C/20°C(SG oder SL20/20) liefern:


Die so genannte Standardformel:

SL20/20(SG) =  1,001843 – 0,002318474 · BIPlato – 0.000007775 · BIPlato² – 0,000000034 · BIPlato³ + 0,00574 · BIBier + 0,00003344 · BIBier² + 0,000000086 · BIBier³


Die Formel nach Sean Terrill(linear polynomial)

SL20/20(SG) =  1,0000 – 0,00085683 · BIPlato + 0,0034941 · BIBier


Es bedeuten:

BIPlato        = gemessener Brix-Wert in der unvergorenen Würze

BIBier        = aktuell gemessener Brix-Wert im Jungbier oder Endprodukt


Sean Terrill:

Sean Terrill ist ein Atomphysiker und Zitat:"professional brewer by choice", der sich sehr engagiert mit den hier formulierten Themen auseinander gesetzt hat. Seine sehr guten Abhandlungen findet man unter SeanTerrill.com.


Mit der aus dem Brechungsindex(Brix) berechneten relativen Dichte SL20/20(SG) im vergorenen Bier und der ursprünglichen Stammwürze hat man nun alle Werte an der Hand die nötig sind, um mit Folgeberechnungen zu einer wie hier im Rechner dargestellten Bieranalyse zu kommen.



Richtigkeit und Präzision

Der hier implementierte Rechner verwendet entweder die Standardformel oder die Formel nach Sean Terrill - je nach Auswahl. Es steht zwar im Raum, dass die Terrill-Formel in endvergorenen Proben etwas genauer arbeitet, jedoch sind die Ergebnisse in wenig oder unvergorenen Proben zum Teil so, dass sie nicht zu gebrauchen sind. Die Standardformel dagegen liefert entlang des gesamten Gärverlaufs gleichmäßig gute Werte, weicht aber in endvergorenen oder nahezu endvergorenen Proben weiter von den wahren Werten ab als die Terrill-Formel. Die Vergärungsgrade werden als zu hoch berechnet, was bis in den Alkoholgehalt durchschlägt.

Zwischen der Terrill- und Standardformel werden Abweichung bei der Berechnung der rel.Dichte SL20/20(SG) im Endprodukt bis zu diesem Umfang angegeben:

rel.Dichte SL20/20(SG) +/- 0,00080.


Da kein Mensch ein "Gefühl" für diese Zahl hat:

Die Abweichung rel.Dichte SL20/20(SG) +/- 0,00080 entspricht im Endprodukt, z.B. für den Alkoholgehalt in GG%, einer Abweichung von ~ +/- 0,15 GG%.




Siehe auch: Extrakte und Vergärungsgrade

Siehe auch: Die Stammwürze im Detail



















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